Menschen sind nur für eine begrenzte Zeit in Haft. Die vermeidbaren gesundheitlichen Schäden, die während des Verbleibs entstehen, bleiben jedoch oft ein Leben lang bestehen. Dabei erwachsen zugleich Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Weniger Inhaftierung von Drogen konsumierenden Menschen, mehr Prävention und eine bessere Gesundheitsversorgung in Haft nutzen sowohl Menschen innerhalb als auch außerhalb der Haft.
Die Ausgangssituation, nämlich dass in Deutschland jede dritte bis vierte Person in Haft illegale Drogen konsumiert, und dass HIV und Hepatitis in Justizvollzugsanstalten sehr häufig vorkommen, rechtfertigt besondere Anstrengungen in der Gesundheitsprävention in Haft.
Wir fordern die konsequente Umsetzung des sogenannten Äquivalenzprinzips, also die Sicherstellung der gleichen Bedingungen für Prävention, Gesundheitsvorsorge und Behandlung, wie sie auch außerhalb der Haft herrschen.
Denn: Eine Umsetzung des Äquivalenzprinzips für Menschen in Haft bedeutet nicht, dass der Staat Drogenkonsum befürwortet, sondern macht deutlich, dass Politik und Justiz die reale Situation kennen und ihrer Verantwortung für die Gesundheit Gefangener und für die Gesellschaft gerecht werden.
Wir fordern die Vergabe von Spritzen und anderen Safer-Use-Materialien in Haft und die Bereitstellung von und den Zugang zu Safer-Sex-Materialien und -Methoden (Kondome, PrEP, PEP, Schutz durch Therapie), Beratungs- und Testangebote sowie andere umfangreiche Angebote im Kontext einer zeitgemäßen Präventionsarbeit.
Wir fordern eine bessere Gesundheitsversorgung für Inhaftierte. Dies beinhaltet sowohl die freie Arztwahl, eine vorurteilsfreie und adäquate Behandlung der Menschen in Haft als auch Angebote zur Substitution, moderner Behandlungsmöglichkeiten im Kontext der HIV- und Hepatitis-Therapie sowie Beratung und Test.
Wir fordern eine bessere Berücksichtigung und Integration wissenschaftlicher Erkenntnisse aus dem medizinischen Kontext und aus der Drogen- und Präventionsarbeit. Gesundheitsprävention in Haft muss sich an wissenschaftlicher Evidenz orientieren. Subjektive Sicherheitsbedürfnisse in Kombination mit Unkenntnis von Übertragungswegen führen zur diskriminierenden Behandlung inhaftierter HIV-positiver und Drogen konsumierender Menschen.
Wir fordern eine Festlegung geregelter und planbarer Budgets der einzelnen Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen für die HIV/STI-Prävention freier Träger. Diese Budgets müssen sowohl die Personalkosten für Zeiten in den Justizvollzugsanstalten als auch Vorbereitungs- und Wegezeiten berücksichtigen und somit die tatsächlichen Personalkosten decken.
Neben Prävention und individueller Hilfe wollen wir gezielt Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. Wir fordern eine Novellierung des heute geltenden Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und die Entkriminalisierung derzeit illegaler Drogen und Substanzen sowie von deren Konsum. Die Strafverfolgung von Drogen konsumierenden Menschen löst das Problem nicht, im Gegenteil: Konsumierende werden marginalisiert, von Präventionsangeboten ferngehalten und so Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Menschen, die aufgrund ihres Drogenkonsums verurteilt worden sind, gehören nicht ins Gefängnis. Die Legalisierung bzw. staatliche Abgabe bestimmter Substanzen kann den Handel mit manipulierten, gestreckten und der Gesundheit noch mehr schadenden Drogen eindämmen; der Staat könnte so die Kontrolle zurückgewinnen, an der die Strafverfolgung scheitert.
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