Eine PrEP (auch HIV-PrEP) ist neben der Benutzung von Kondomen und dem Schutz durch Therapie eine weitere Methode zum Schutz vor HIV.
PrEP steht für Prä-Expositions-Prophylaxe, auf Deutsch: Vorsorge vor einem Risiko-Kontakt. Bei dieser Schutzmethode nimmt eine HIV-negative Person entweder täglich oder rund um sexuelle Kontakte ein HIV-Medikament ein.
Die Methode ist wissenschaftlich überprüft und schützt schwule Männer mit erhöhtem Risiko ebenso gut vor HIV wie Kondome. Das gilt aber nur, wenn sie nach bestimmten Regeln angewendet wird.
100%ig ist der Schutz nicht, denn in sehr seltenen Fällen sind HI-Viren bereits gegen das Medikament resistent. Die PrEP schützt außerdem nur vor HIV, aber nicht vor anderen Geschlechtskrankheiten.
Zurzeit wird das Medikament Truvada® dafür benutzt. Es gilt als gut verträglich, kann aber auch Nebenwirkungen haben. Wichtig ist deshalb eine ärztliche Begleitung.
Schätzungen zufolge machten 2011 rund 150 Menschen in den USA eine HIV-Dauer-PrEP mit Truvada, 2012 waren es 1.274. Zwischen Januar 2012 und September 2013 nahmen 2.319 Personen außerhalb von Studien die PrEP, davon 48 Prozent Frauen. Im Juni 2014 schätzte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC, dass 500.000 Menschen in den USA für die PrEP in Frage kämen, aber nur 10.000 sie einsetzten.
Aber die PrEP ist noch weiter verbreitet: Viele tausend Säuglinge wurden und werden durch sie vor einer HIV-Infektion geschützt. Säuglinge, die gestillt werden müssen (weil es kein sauberes Wasser für Babynahrung gibt) und deren Mütter keinen Zugang zu einer kompletten antiretroviralen Therapie haben, kann man nämlich mit einer PrEP mit einem oder zwei Medikamenten über ein halbes Jahr oder ein Jahr bis zum Abstillen zuverlässig (das heißt zu 98 bis 99 Prozent) vor einer Infektion schützen.
Weitere Informationen bezüglich des Einsatztes der PrEP in den USA finden Sie unter betablog.org und unter catie.ca.
Truvada ist im Allgemeinen gut verträglich. Eine seltene, aber schwerwiegende Langzeitnebenwirkung des Truvada-Inhaltsstoffes Tenofivir ist eine Schädigung der Nieren. Aus diesem Grund muss bei Patienten, die mit Tenofovir behandelt werden, regelmäßig die Nierenfunktion kontrolliert werden.
Verschreiben, begleiten und abrechnen dürfen nur fachlich befähigte Ärzt*innen. Ein Verzeichnis mit HIV-Schwerpunktpraxen findest du auf der Seite von HIV&more.
Finanziert werden die für die PrEP nötigen Untersuchungen sowie die Medikamente. Dies umfasst die PrEP-Versorgung:
Außerdem können je nach Risiko Untersuchungen auf die Geschlechtskrankheiten Syphilis, Gonorrhö (Tripper) und Chlamydien erfolgen, die auch in den PrEP-Leitlinien erwähnt sind. Die PrEP-Leitlinien empfehlen zusätzlich regelmäßige Untersuchungen auf Hepatitis C.
Müssen die HIV-Medikamente zum Schutz vor einer sexuellen HIV-Übertragung in jede Körperzelle gelangen (systemische PrEP)? Oder kann man auch einen Schutz erzielen, wenn man nur die Schleimhaut, die mit HIV in Berührung kommen könnte, „sättigt“ (lokale PrEP)?
Bei der systemischen PrEP gelangt das Medikament über Tabletten oder eine intramuskuläre Spritze in den ganzen Körper. Der Vorteil: Das Medikament ist überall und schützt alle Schleimhäute. Die PrEP bietet somit Schutz bei allen Sexualpraktiken und reduziert sogar das Risiko einer Infektion durch das gemeinsame Benutzen von Spritzen und Nadeln bei intravenösem Drogengebrauch. Der Nachteil: Man benötigt mehr von den Medikamenten, die PrEP wird teurer und nebenwirkungsreicher. Zu jeder systemischen PrEP gehört außerdem ein regelmäßiger HIV-Test zumindest alle drei Monate, denn wer sich trotz PrEP infiziert, riskiert eine Medikamentenresistenz – zwei Medikamente reichen in der Regel nicht aus, um HIV in Schach zu halten und die Vermehrung ganz zu unterdrücken.
Die lokale PrEP wirkt nur dort, wo sie wirken soll: in der Scheide oder im Enddarm. Dafür ist sie deutlich günstiger und nebenwirkungsärmer, denn nur ein verschwindend kleiner Teil der Körperzellen kommt überhaupt mit den Medikamenten in Kontakt, im Blut lassen sie sich nicht oder nur in Spuren nachweisen.
Die tägliche Einnahme einer Truvada-Tablette mit den gegen HIV wirksamen Substanzen Tenofovir und Emtricitabin schützt recht zuverlässig vor einer HIV-Infektion. Aus dem Medikamentenspiegel im Blut der Studienteilnehmer glaubt man nachweisen zu können, dass vier Tabletten pro Woche für einen wahrscheinlich über 90%igen Schutz ausreichen. Allerdings hat nur ein Teil der Teilnehmer es geschafft, die Tabletten tatsächlich regelmäßig einzunehmen. Daten über die „Therapietreue“ unter Alltagsbedingungen liegen bisher nicht vor.
Anwenderfreundlicher ist die PrEP bei Bedarf. Profitieren davon könnte, wer nur ab und zu ein Risiko eingeht, zum Beispiel an einem Wochenende oder nur im Urlaub. In Frankreich, Kanada und bald auch in einigen Städten in Deutschland wird deshalb die Einnahme der PrEP durch schwule Männer vor einem „geplanten Risiko“ erprobt. Bislang ist nicht bekannt, wie viele Tage vorher man mit der Truvada-Einnahme beginnen muss, um in den Zellen einen schützenden Medikamentenspiegel aufzubauen.
In der Studie IPERGAY
nahmen HIV-negative schwule Männer Tenofovir/Emtricitabin (Truvada®)
bei Bedarf ein und zwar 2 Tabletten mindestens 2 Stunden vor dem Sex und
dann jeweils 1 Tablette 24 und 48 Stunden später. In der Studie hatten
die Männer allerdings aufgrund häufiger Sexualkontakte um Schnitt 15
Tabletten pro Monat eingenommen, was fast einer täglichen PrEP
entspricht.
Um die Frage zu klären, ob die PrEP bei Bedarf auch
bei selteneren Sexualkontakten funktioniert, wurden jetzt in einer
Substudie die Daten der 269 Männer analysiert, die weniger als 15
Tabletten/Monat eingenommen hatten. Im Lauf der 134 Personen-Jahre kam
es in der Placebo-Gruppe zu 6 HIV-Infektionen, während in der
PrEP-Gruppe keine einzige HIV-Infektion beobachtet wurde. Die Patienten
hatten im Schnitt 5 mal pro Monat ungeschützten Analverkehr und 9,5
Tabletten pro Monat eingenommen. Damit ist, so der Studienleiter
Jean-Michel Molina, Paris, die PrEP bei Bedarf eine gesicherte Methode
der HIV-Prävention.
Gleich zwei Medikamente werden für den Einsatz als Monats- oder Dreimonatsspritze erprobt: Rilpivirin, seit 2011 unter dem Handelsnamen Edurant für die HIV-Therapie zugelassen, und das seit 2014 zugelassene HIV-Medikament Dolutegravir. Beide Substanzen werden so verändert, dass sie –in den Muskel injiziert – über einen oder drei Monate wirksam sind. Bei Affen hat das Prinzip gut funktioniert.
Nun beginnt die klinische Forschung am Menschen: Wird man mit nur einer Substanz auch eine Schutzwirkung aufbauen können? Wie hoch ist der Schutzeffekt und über wie viele Monate hält er an? Die Monatsspritze ist vor allem in einigen afrikanischen Ländern eine weit verbreitete Verhütungsmethode, die Akzeptanz könnte hoch sein. Aussagekräftige Ergebnisse zur Höhe des Schutzeffekts werden auch hier nicht vor 2016 erwartet.
Auch den Vaginalring kennt man bereits aus der Verhütung. Doch statt Hormonen gibt der HIV-PrEP-Ring, der für einen Monat im hinteren Scheidengewölbe platziert wird, kontinuierlich eine kleine Menge des antiretroviralen Medikaments Dapivirin ab, das ausschließlich für die Prävention entwickelt wurde.
Ein Vaginalring, der nur alle vier Wochen ausgetauscht werden muss und den Wirkstoff Dapivirin freisetzt, hat in zwei Studien in afrikanischen Ländern die HIV-Infektionsrate um weniger als ein Drittel gesenkt. Ein Grund für das häufige Versagen der Präexpositionsprophylaxe scheint die geringe Adhärenz vor allem bei jungen Frauen zu sein, die den Vaginalring nur zeitweise trugen.
Vaginalgels und -tabletten oder sich selbst auflösende Tampons können bei Bedarf, also vor und gegebenenfalls zusätzlich nach dem Geschlechtsverkehr in der Scheide platziert werden. 2011 wurde in der CAPRISA-Studie mit einem Tenofovir-Gel ein Schutzeffekt von 39 Prozent erzielt – das erste positive Studienergebnisse mit einem HIV-„Mikrobizid“ überhaupt, obwohl hier seit zwei Jahrzehnten geforscht wurde. Da in der Forschungspipeline nur Substanzen sind, die antiretrovirale Medikamente enthalten, werden die Mikrobizide seitdem als vaginale (oder rektale, siehe unten) PrEP eingeordnet.
Nun geht es darum, den Schutzeffekt der vaginalen PrEP zu erhöhen, zum Beispiel über ein verändertes Anwendungsschema oder über andere Zubereitungen, Medikamente und Medikamentenkonzentrationen. So werden zum Beispiel schnelllösliche Tabletten mit Tenofovir und Truvada sowie „Filme“ mit Dapivirin oder Tenofovir entwickelt. Solch einen Film kann man sich wie ein Stück Tesafilm vorstellen, der in der Scheide platziert wird und sich auflöst. Auf Filmen kann man Medikamente dichter „packen“ als im Gel. Sie bleiben für den Partner unbemerkt und sind deswegen diskreter in der Anwendung. Filme und Tabletten sind jedoch noch in der frühen Phase der klinischen Entwicklung. Ergebnisse zum Schutzeffekt werden nicht vor 2016 erwartet. Gels hingegen könnten weiterhin interessant sein: als abschließendes –und vor HIV schützendes – Gel bei Verwendung eines Diaphragmas.
Gibt es auch eine lokale PrEP für den Analverkehr? Die ersten Versuche mit einem Tenofovir-Gel scheiterten. Das Gel enthielt zu viele lösliche Substanzen, sodass Wasser aus den zarten Schleimhautzellen des Darms gesogen und so der Darm stark geschädigt wurde. Eine HIV-Infektion wäre durch ein solches Gel sogar wahrscheinlicher. Mittlerweile aber ist das Gel für den Darm gut verträglich. Nun müssen Studien an vielen Hunderten oder Tausenden Menschen zeigen, ob sich durch die Anwendung des Gels Infektionen beim aufnehmenden Analverkehr verhindern lassen. Diese Forschung befindet sich inzwischen in der mittleren Phase der klinischen Entwicklung.
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